
Hanna Schiller // VON INNEN
Vom 24.Oktober bis 08.November 2025 zeigen wir die Einzelausstellung „von Innen“ von Hanna Schiller:
Welche Formen von Gewalt lesbar sind und öffentlich problematisiert werden, und welche nicht, ist das Ergebnis permanent wiederholter sozialer Gewöhnungsprozesse. In unserer Erziehung und Eingliederung in „die Gesellschaft“ lernen wir, das staatliche Gewaltmonopol als vernünftigen Mechanismus zur Sicherung eines friedlichen Zusammenlebens zu verstehen. Was aber, wenn bestimmte Gewalt vom Staat systematisch übersehen oder sogar von ihm selbst ausgeführt wird? Wie können die verinnerlichten Routinen, Gewaltverhältnisse zu deuten, unterbrochen werden, sodass reale Ungerechtigkeit nicht zu rechtmäßigen Umständen normalisiert wird?
Mit ihren künstlerischen Arbeiten produziert Hanna Schiller dringend notwendige Uneinigkeit: die Aufmerksamkeit und Offenheit, die die Betrachtenden bereit sind, auf die dichten und präzisen Kunstwerke zu richten, kanalisiert Schiller und leitet sie im Rezeptionsprozess um auf soziale Fragen. Das Interesse, das wir bereitwillig für den schönen vor uns liegenden gewebten Gegenstand aufbringen wandeln Titel: Fußabtreter und Material: Frauenhaar um. Ähnlich funktioniert die aus Verfassungstexten gefaltete Kette, deren jedes Glied ein trauriger und unzureichender Einstand ist, für eine an der europäischen Außengrenze ertränkte Person. Dieselben Verfahren von Sichtbarmachung und Unterbrechung unserer routinierten Ignoranz gegenüber Gewalt an staatlich marginalisierten Leuten wendet Schiller auch in ihren neuesten Arbeiten an: die de-individuierte Masse „zurecht eingesperrter Straftäterinnen“ im Gefängnis, wird differenziert zu brutal isolierten Personen, die vermissen und vermisst werden, die nicht resozialisiert, sondern ihrem sozialen Kontext genommen und stumpf bestraft werden. Die Socken für die Vermissten Lieben sind Ergebnis und Belege einer solidarischen Praxis unter jenen Frauen, die unseren Armen und Augen entrissen wurden und die wir nicht vergessen dürfen.
Hanna Schiller wurde im Februar 2025 anhand ihres Werkes von der unabhängigen Jury, bestehend aus Stefanie Kleefeld, Renan Laru-an und Florence Thurmes, als eine von acht mit dem Bundeskunstpreis ausgezeichneten Positionen bekannt gegeben. Zwei Monate später wurde der Preis vom Bundesministerium für Bildung und Forschung „ruhend gestellt“. Ob der Vorwürfe antifaschistisch motivierter Straftaten schien dem BMBF die Auszeichnung des künstlerischen Werkes nicht mehr vertretbar. Die Werke von Hanna Schiller wurden trotz vorheriger Würdigung ihrer hervorragenden Qualität aus der geplanten Ausstellung in der Bundeskunsthalle und dem zu erstellenden Katalog ausgeschlossen.
Rechtsstand (26.09.2025): OLG München verurteilte Hanna Schiller u. a. wegen gefährlicher Körperverletzung und § 129 zu 5 Jahren Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Revision angekündigt).
Eröffnung 24.10.2025, 19Uhr mit einem poetischen Beitrag von Julia Scher und anschließender Diskussionsrunde
Spaziergang 06.11.2025, abends, von der Bundeskunsthalle zum Flow, geführt von solidarischen Künstler*innen
Finissage 8.11.2025, 19Uhr mit DJ-Set in entspanntem Rahmen – für noch mehr gute Gespräche
Öffnungszeiten Freitag bis Sonntag, 14-20 Uhr und nach Vereinbarung
Hinweis: Flow ist ein unabhängiger Projektraum. Die Ausstellung befürwortet keine Gewalt und rechtfertigt keine Straftaten. Sie zeigt künstlerische Positionen und dokumentarische Bezüge, um die Beziehung von Kunst, Erinnerungskultur und gesellschaftlicher Verantwortung zu verhandeln.
Während der Öffnungszeiten ist ein Awareness-Team ansprechbar. Es sorgt für eine respektvolle Gesprächskultur; diskriminierende, gewaltverherrlichende oder herabwürdigende Äußerungen sowie verfassungsfeindliche Kennzeichen haben hier keinen Platz.